Czernowitz Bukowina - Wo Menschen und Bücher lebten

 

Inhalt

Buchvorstellung
Christel Wollmann-Fiedler

Hedwig Brenner. Mein altes Czernowitz

Erinnerungen aus mehr als neun Jahrzehnten. 1918-2010



Hedwig Brenners Liebe zu Czernowitz ist ungebrochen. Die Liebe zur Stadt ihrer Kindheit, ihrer Jugend wird mit zunehmendem Alter stärker und stärker. Ob zu Zeiten der Donaumonarchie, später rumänischer Verwaltung, dann kurzzeitiger Sowjetbesetzung oder ukrainischer Regierung, der heimatliche Blickwinkel durchzieht sämtliche Zeiten ihres heute fast zweiundneunzigjährigen Lebens. Der Mythos „Czernowitz“ wird bleiben.

BildDie Stadt der kulturellen Vielfalt, die Stadt der verschiedenen Religionen und Ethnien ist nur zufällig in Westeuropa bekannt. Berühmte, in die Welt vertriebene, meist jüdische Schriftsteller, wurden ebenso, wie Hedwig Brenner, in Czernowitz oder in anderen Teilen der Bukowina geboren. Sie alle haben den Namen Czernowitz in die weite Welt getragen.

Hedwig Brenners Erinnerungen sind Kindheits- und Jugenderinnerungen. Schon als Kind hatte sie eine fantastische Wahrnehmung. Nichts ist in der Erinnerung verloren gegangen bis ins hohe Alter. Das Lernen in der Schule fiel Hedwig Brenner nicht schwer. Mutter Friedl Langhaus, geborene Feuerstein und die Großmutter achteten sorgfältig auf ihre Erziehung, ließen sie noch vor dem 2. Weltkrieg nach Wien und in die Schweiz zu Verwandten reisen. Dr. Adolf Langhaus, der Rechtsanwalt und Vater, starb, als Hedwig noch keine elf Jahre alt war.


Mit ihrem gerade erschienenem neuen Buch „Mein altes Czernowitz – Erinnerungen aus mehr als neun Jahrzehnten. 1918-2010“ hat sie erneut einen Meilenstein für ihre Heimat gelegt, die sie bereits vor fünfundsechzig Jahren verlassen hat. Mit Hedwig Brenner durch die Straßen und Gassen, über den Ringplatz und durch den Volkspark der Stadt zu laufen im Sommer oder durch dicksten Schnee im Winter, ist ein Vergnügen. Vorbei an Menschen und Häusern ihrer Erinnerung laufen wir, Gesprächen über Freundinnen hören wir zu und den alten Geschichten aus ihrer eigenen Familie. Zum Skilaufen auf den Cecina begleiten wir sie, baden mit ihr im Strandbad Gänsehäufel am Pruth. Lauschige Plätze für Liebende gab es überall, sie sind ihr, der lebensfrohen alten Dame, in ihren Gedanken geblieben. Sie wird sie damals genutzt haben, wie alle jungen frohen Menschen.

Ecken und Winkel der Verschwiegenheit lernen wir kennen, die Lebendigkeit und die Lebensvielfalt der verschiedenen Völkergruppen und Religionen in der Stadt lernen wir aus der Sicht dieser liberalen jüdischen Frau kennen.

Alte Postkartenansichten, Familienfotos und auch neuzeitliche Fotos begleiten visuell durch das Buch.


Bild
Nicht das Zuhause Hedwig Brenners, dennoch beispielhaft für das alte Czernowitz, das Haus Nummer 18 in der Erzherzog-Eugen-Gasse, Strada Mihai Viteazu, während der Sowjetära Дзержинского, heute: Садова вул.


Der Einfall der Sowjetarmee 1940 ließ das Leben in Czernowitz erstarren. Verwandte, Nachbarn und Freunde, jüdische und nichtjüdische Intellektuelle, wurden nach Sibirien getrieben, tauchten nicht mehr auf, verhungerten in Lagern oder wurden erschossen. Die Deutsche SS hielt 1941 Einzug in die Stadt und war nicht weniger zimperlich. Sie errichtete ein Ghetto und schickte den Großteil der jüdischen Bevölkerung in die Arbeits- und Todeslager nach Transnistrien, jenseits des Bugs, die anderen Bewohner, die Deutschen, wurden „heim ins Reich“ geholt!

1945 geriet die Welt der Bukowina völlig aus den Fugen. Die Nordbukowina wurde der Sowjetunion zugesprochen, die Südbukowina blieb weiterhin ein Teil Rumäniens. Grenzen wurden gezogen, der Weg von Nord nach Süd versperrt. Die Brenners konnten nach langem Hin und Her ins Petrolgebiet nach Ploieşti in Rumänien auswandern mit einer illegal gekauften Ausreise. Gottfried Brenner, der auch aus Czernowitz stammte und an der Deutschen Technischen Hochschule in Prag studiert hatte, wurde 1939 der Ehemann von Hedwig Brenner, geborene Langhaus. Als Ingenieur bekam Gottfried Brenner Arbeit im Petrolgebiet. Gemeinsam baute sich die Familie dort eine neue Zukunft auf. Diese Zukunft dauerte über dreißig Jahre, bis dem Ehepaar Brenner mit Söhnen und Mutter die Ausreise nach Israel im Jahr 1982 gestattet wurde.

Im Anhang des neuen Buches setzt Hedwig Brenner ihren befreundeten Czernowitzer Schriftstellern ein Denkmal und erwähnt noch rasch ihre Namen und Daten.

Das interessant geschriebene neue Buch von Hedwig Brenner sollten Sie kaufen und mitnehmen in die Bukowina nach Czernowitz. Ein Reisebegleiter ist das gut zu lesende Büchlein allemal.

 



Hedwig Brenner. Mein altes Czernowitz. Erinnerungen aus mehr als neun Jahrzehnten. 1918-2010. Hartung-Gorre Verlag Konstanz 2010
ISBN 978-3-86628-320-6, 14,80 €



Bereits erschienene Bücher von Hedwig Brenner

„Leas Fluch – Eine Familiengeschichte – ein Zeitdokument 1840 – 2003“ und „Mein 20. Jahrhundert“ von Hedwig Brenner erschienen beide im munda verlag , Brugg/Schweiz, 2005 und 2006.

Die drei Bände „Jüdische Frauen in der bildenden Kunst – Ein biographisches Verzeichnis“ von Hedwig Brenner sind in den letzten Jahren im Hartung-Gorre Verlag in Konstanz erschienen. Das 4. Lexikon wird gerade lektoriert und in den kommenden Wochen gedruckt.

Ein Buch über Hedwig Brenner
„Czernowitz ist meine Heimat“ – Gespräche mit der Zeitzeugin Hedwig Brenner
von Christel Wollmann-Fiedler, munda-Verlag, Brugg/Schweiz, 2009

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