Czernowitz Bukowina - Wo Menschen und Bücher lebten

 

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Buchvorstellung
J.N. Rudel

Neu im Chor der Bukowina-Literatur. Othmar Andrées "Czernowitzer Spaziergänge"

Ich freute mich, als vor einigen Tagen die Post mir Othmar Andrees Buch ins Haus brachte. Ich freute mich um so mehr, da ich wusste, wie viel ihm am Erscheinen dieses Buches gelegen war. Er hatte alles, was über Czernowitz und die Bukowina geschrieben wurde, erstanden oder in Bibliotheken ausfindig gemacht, sich mehrmals an Ort und Stelle dokumentiert und sich zu guter Letzt mit seinem Thema identifiziert. Ein junger Berliner, der seine ganze Freizeit einem irgendwo zwischen dem Orient und dem Okzident liegenden Landstrich opfert.



Sonderbar! Auch als ich Othmar persönlich kennen lernte, vor einigen Jahren in Berlin, kam ich der Lösung des Rätsels nicht näher. Wir trafen uns in meinem Hotelzimmer. Er hatte eine große Tasche voller Bücher mitgebracht, alle über Czernowitz und die Bukowina. Sie bildeten unser Gesprächsthema und nicht viel darüber hinaus.



Doch die Verbindung blieb bestehen. Andree sandte mir Texte für "Die Stimme" über Czernowitzer Straßen, Gärten und Menschen. Auch bekam ich von ihm ein äußerst wichtiges Dokument, das er entdeckt und ins Deutsche übersetzt hatte. Es war der Brief eines jungen jüdischen Mädchens aus Czudin, Clara Schächter, an ihren Bruder in den Vereinigten Staaten, in dem sie ihm die grauenvollen Tage und Nächte beim Einzug der rumänischen Soldateska ins Städtchen beschrieb.



Nach dieser kurzfristigen Bekanntschaft und einem sporadischen Briefwechsel, hatte ich die Gelegenheit, durch seine soeben erschienenen "Czernowitzer Spaziergänge" festzustellen, dass es sich um Gefühle handelt, um Gefühle eines Menschen gegenüber einer Landschaft. Ja, Othmar Andree hatte sich in die Bukowina verliebt.



Die Einseitigkeit dieser Empfindung scheint Othmar nicht gestört zu haben. Dies geht aus zahlreichen kleinen Feststellungen und Bemerkungen hervor, aus einer gewissen Zartheit leblosen Dingen gegenüber. Er entdeckt Details, die den meisten Beschauern nichtssagend erschienen waren. Seine Bewunderung erregen schmiedeeiserne "Kostbarkeiten", Tore, Balkone, Zäune, ... Die Gittermasten der Fahrleitung der Tramway sind für ihn "Relikte der Straßenbahnherrlichkeit" und eine kleine Grünanlage zwischen der Siebenbürger Straße und der Rathausstraße bringt ihm das verschwundene Kriegerdenkmal vors Auge.



Was den Autor aber mehr als alles andere interessiert, sind die Menschen, die diese Landschaft bevölkert hatten, insbesondere die Juden. Ihnen geht er nach, sucht Beweise, Überbleibsel aus einer großen Zeit. Doch zu wenig ist noch übrig geblieben. Der einst monumentale Tempel, heute geköpft, kuppellos, in einem schmutzigen Kinosaal verwandelt, ist beispielhaft.



 


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