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Othmar Andrée
Welcome to Chernivtsi - Ласкаво просимо до Чернівців
Історія - History
"Eine Frucht- und Produktenbörse* wurde eröffnet, Wasserversorgung und Kanalisation wurden in Angriff genommen, ein Elektrizitätswerk errichtet und eine elektrische Straßenbahnlinie eröffnet.
Mit Bürgermeister Wasil Tolmatsch setzte ab 1964 eine Periode der industriellen Fortentwicklung der Stadt ein. Tolmatsch bemühte sich um die Ansiedlung von Industriebetrieben, vor allem in den Sparten Elektronik und Werkzeugmaschinenbau, und er organisierte das öffentliche Verkehrswesen neu. Auch viele andere Neuerungen in der Stadt gehen auf seine Initiative zurück."**
Um genau zu sein, wurde die elektrische Straßenbahn in Czernowitz am Sonntag, den 18. Juli 1897 um 12 Uhr mittags "dem allgemeinen Betrieb übergeben. Eine eigentliche Feier gab es ... nicht."*** Das war, wie gesagt 1897. Dann geht es weiter im Text mit Bürgermeister Wasil Tolmatsch und seinem Programm zur Industrieansiedlung: 1964. Siebenundsechzig Jahre lang, so muss man schließen, ist in der Stadt überhaupt nichts geschehen. Sie schlief einen tiefen, traumlosen Dornröschenschlaf. Das ist erstaunlich, wissen doch nicht nur wir im westlichen Europa von zwei Weltkriegen, die die Stadt gewiss nicht geschont haben, von ihrer Einverleibung ins rumänische Königreich, von der Deportation und Vernichtung eines großen Teils ihrer Bürger, haben doch die Einwohner des heutigen Černivci eine ungute Erinnerung an die Periode der Sowjetisierung ab 1944.
Was ist das für eine Geschichtsschreibung? Mit welchen Papieren in der Hand, mit welchem Waschzettel will man bei der UNESCO vorsprechen, wollte man Ernst machen mit dem Versuch, die Stadt in die Liste des Weltkulturerbes aufnehmen zu lassen? Es sind - Himmel, muss man das erst erklären? - es sind nicht allein die Häuser und Gebäude, die steinernen Zeugen, die die Stadt ausmachen. Der Architektur gleichrangig ist der wahrlich große Fundus der Historiographie an die Seite zu stellen, der ganze geistige Reichtum dieses einzigartigen Soziotops, seine Texte, seine ideengeschichtliche Position, nicht zuletzt unser Gedächtnis. Mit diesen Dingen muss Architektur gefüllt und zum Leben erweckt werden, will sie nicht zur Kulisse verkommen.
* in der Postgasse (вул. Худякова) gegenüber dem Telegraphenamt
** Zitiert aus der offiziellen Internetpräsenz
der Stadt Černivci - http://www.city.cv.ua/
*** Sergej A. Tarchov. 100 Jahre elektrischer Nahverkehr in der ehemaligen Landeshauptstadt Tschernowitz. Oslo 1997 und: Czernowitzer Zeitung vom 20. Juli 1897
Bildquelle: Sergej A. Tarchov. 100 Jahre elektrischer Nahverkehr in der ehemaligen Landeshauptstadt Tschernowitz. Oslo 1997, Seite 7
Mit Bürgermeister Wasil Tolmatsch setzte ab 1964 eine Periode der industriellen Fortentwicklung der Stadt ein. Tolmatsch bemühte sich um die Ansiedlung von Industriebetrieben, vor allem in den Sparten Elektronik und Werkzeugmaschinenbau, und er organisierte das öffentliche Verkehrswesen neu. Auch viele andere Neuerungen in der Stadt gehen auf seine Initiative zurück."**
Um genau zu sein, wurde die elektrische Straßenbahn in Czernowitz am Sonntag, den 18. Juli 1897 um 12 Uhr mittags "dem allgemeinen Betrieb übergeben. Eine eigentliche Feier gab es ... nicht."*** Das war, wie gesagt 1897. Dann geht es weiter im Text mit Bürgermeister Wasil Tolmatsch und seinem Programm zur Industrieansiedlung: 1964. Siebenundsechzig Jahre lang, so muss man schließen, ist in der Stadt überhaupt nichts geschehen. Sie schlief einen tiefen, traumlosen Dornröschenschlaf. Das ist erstaunlich, wissen doch nicht nur wir im westlichen Europa von zwei Weltkriegen, die die Stadt gewiss nicht geschont haben, von ihrer Einverleibung ins rumänische Königreich, von der Deportation und Vernichtung eines großen Teils ihrer Bürger, haben doch die Einwohner des heutigen Černivci eine ungute Erinnerung an die Periode der Sowjetisierung ab 1944.
Was ist das für eine Geschichtsschreibung? Mit welchen Papieren in der Hand, mit welchem Waschzettel will man bei der UNESCO vorsprechen, wollte man Ernst machen mit dem Versuch, die Stadt in die Liste des Weltkulturerbes aufnehmen zu lassen? Es sind - Himmel, muss man das erst erklären? - es sind nicht allein die Häuser und Gebäude, die steinernen Zeugen, die die Stadt ausmachen. Der Architektur gleichrangig ist der wahrlich große Fundus der Historiographie an die Seite zu stellen, der ganze geistige Reichtum dieses einzigartigen Soziotops, seine Texte, seine ideengeschichtliche Position, nicht zuletzt unser Gedächtnis. Mit diesen Dingen muss Architektur gefüllt und zum Leben erweckt werden, will sie nicht zur Kulisse verkommen.
* in der Postgasse (вул. Худякова) gegenüber dem Telegraphenamt
** Zitiert aus der offiziellen Internetpräsenz
der Stadt Černivci - http://www.city.cv.ua/
*** Sergej A. Tarchov. 100 Jahre elektrischer Nahverkehr in der ehemaligen Landeshauptstadt Tschernowitz. Oslo 1997 und: Czernowitzer Zeitung vom 20. Juli 1897
Bildquelle: Sergej A. Tarchov. 100 Jahre elektrischer Nahverkehr in der ehemaligen Landeshauptstadt Tschernowitz. Oslo 1997, Seite 7